Arme umarmen einen Baumstamm
Für einen Liter Kuhmilch werden 628 Liter Wasser verbraucht. Denkanstöße und gute Tipps für mehr Nachhaltigkeit im Alltag. Erfahre mehr im Podcastinterview mit der Buchautorin Julia Felicitas Allmann

Nachhaltigkeit ist ein Thema von immer größerer Dringlichkeit. Die Journalistin Julia Felictas Allmann – spezialisiert auf die Gebiete Ernährung und Gesundheit – liefert in Ihrem Buch „Jeden Tag die Welt retten“ klare Hilfestellungen für Alltagsentscheidungen. Medicom sprach mit der Preisträgerin des Dumont-Journalistenpreises u.a. über tierische Produkte, Palmöl, nachhaltige Internetnutzung und Onlineshopping.

Portraitbild von Julia Felicitas Allmann mit Buchtitel
Jeden Tag die Welt retten. Kleine Schritte mit großer Wirkung. Journalistin Allmann präsentiert in ihrem Buch einfache Nachhaltigkeitstipps im Alltag



Medicom: „Jeden Tag die Welt retten“: Das ist ein ehrgeizig klingender Titel.  Wie sind Sie auf das Thema Nachhaltigkeit gekommen? 

Allmann: Ich habe zuerst einen Artikel geschrieben, der sich um fünf Fragen zur Nachhaltigkeit im Alltag drehte. Das waren Fragen, bei denen ich selbst unsicher war. Ich habe mich also informiert und dann darüber geschrieben. Daraufhin kam ein Verlag mit der Idee auf mich zu, ein ganzes Buch daraus zu machen. Weil ich selbst gemerkt habe, wie viele mögliche Fragen es noch gibt, fand ich den Vorschlag super.

Medicom: Wie haben Sie das Thema eingegrenzt, und wie haben Sie dafür recherchiert?

Allmann: Wichtig war, dass es sich um Themen handelt, bei denen man den Lesern eine klare Antwort geben kann. Wenn das Fazit immer „Kommt drauf an“ lautet, hat niemand etwas davon. Für die Beantwortung habe ich viele Experten interviewt, Studien gelesen und Datenbanken gecheckt. So kamen am Ende 66 Alltagsfragen zusammen, auf die ich nach langer Recherche eine Antwort geben konnte.

Medicom: Was sind Ihre drei wichtigsten Empfehlungen für Menschen, die nachhaltiger leben wollen?

Allmann: Erstens: Unseren eigenen Konsum und die Hintergründe bewusst betrachten. Alles, was wir kaufen oder essen, hat eine Geschichte – und die haben wir oft gar nicht auf dem Schirm. Im ersten Schritt geht es für mich ums Informieren, dann kann jeder von uns selbst entscheiden, in welchen Punkten er oder sie aktiv werden möchte, um bewusst Nachhaltigkeit zu leben.

Zweitens: Weniger tierische Produkte konsumieren. Mir war vorher gar nicht klar, welche Klimabelastungen auch Milchprodukte darstellen. Bei Fleisch wissen vermutlich die meisten Menschen, dass es nicht gut für die Umwelt ist. Aber dass zum Beispiel für die Produktion von einem Liter Milch 628 Liter Wasser verbraucht werden, das war mir neu.  

Mir war vorher gar nicht klar, welche Klimabelastungen auch Milchprodukte darstellen.

Drittens: Auch bei Kleidung an die Umwelt denken. Es gibt so viele schockierende Berichte über die Produktionsbedingungen – trotzdem shoppen wir ständig bei Fast-Fashion-Ketten. Dabei gibt es so viele Möglichkeiten, Second Hand zu kaufen oder (auch wenn das teurer ist) bei Fair-Fashion-Labels. Als ich meinen Sohn bekommen habe, wurde mir ständig geraten, neue Klamotten vor dem Tragen zwei bis drei Mal zu waschen, um alle Schadstoffe auszuwaschen. Aber wo landen die dann? Diesen Gedanken kann man einfach einmal wirken lassen.   

Medicom: Warum ist der Konsum von Butter so viel umweltschädlicher als der von Margarine?

Allmann: Butter gilt unter Umweltexperten als eins der klimaschädlichsten Lebensmittel überhaupt. Für ein Kilo Butter werden etwa 15 Kilogramm CO2 ausgestoßen – das ist mehr als bei Rindfleisch, das auf 13 Kilogramm geschätzt wird. Für ein Kilo Butter braucht man etwa 20 Liter Milch und wie bereits erwähnt, sind die Umweltbelastung der Milchproduktion ziemlich hoch.

Medicom: Tee, Kaffee, Kakao – worauf sollten wir beim Kauf achten?

Allmann: Auch wenn es abgedroschen klingt: Am wichtigsten ist es, Produkte in Bio-Qualität zu kaufen und auf faire Produktion zu achten. Bei Kaffee ist es zum Beispiel so, dass er inzwischen teilweise in Gegenden angebaut wird, die gar nicht dafür geeignet sind – aber man muss den hohen Verbrauch irgendwie decken. Damit der Kaffee-Anbau dort gelingt, müssen mehr Düngemittel und Pestizide zum Einsatz kommen. Mit Bio-Kaffee schließen wir das aus. Bei allen drei Getränken ist es wieder so, dass sie lange Produktionsketten und weite Wege hinter sich haben. Sie sind wertvolle Lebensmittel, die wir nicht verschwenden sollten – also besser nicht die halbe Kanne Kaffee wegschütten, weil er kalt geworden ist. Stattdessen: Besser planen, bewusster damit umgehen und dann genießen.

Am wichtigsten ist es, Produkte in Bio-Qualität zu kaufen und auf faire Produktion zu achten.

Medicom: Sollten wir im Hinblick auf Nachhaltigkeit eher Chia- oder Leinsamen konsumieren?

Allmann: Hier ist die Frage nach den Transportwegen und den damit verbunden CO2-Emissionen entscheidend. Leinsamen können wir auch regional bekommen, Chiasamen stammen vor allem aus Mittelamerika. Außerdem ist bei ihnen der Ertrag geringer – es wird also mehr Fläche verbraucht als bei Leinsamen.

Medicom: Warum sprechen Sie sich in Ihrem Buch dagegen aus, Palmöl zu boykottieren?

Allmann: Der immense Verbrauch von Palmöl ist eine riesige Belastung für die Umwelt, das ist klar. Doch viele Verkäufer achten in bester Absicht darauf, Palmöl zu vermeiden und greifen stattdessen zu Produkten, die andere Öle zum Ersatz enthalten. Dabei ist bei Raps-, Sonnenblumen- oder Kokosöl der Ertrag viel geringer, der Flächenbedarf steigt. Besser wäre es, bei Palmöl genau hinzusehen: Es gibt Label wie RSPO oder FONAP, die immerhin die Einhaltung von Mindeststandards garantieren. Am besten wäre es, wenn wir den Verbrauch von Palmöl einfach reduzieren würden, zum Beispiel, indem wir weniger Fertigprodukte kaufen und weniger Sprit verbrauchen. Das würde ja auch uns selbst ganz guttun.

Medicom: Würden Sie eher online shoppen oder vom Land in die Stadt fahren, um einzukaufen?

Allmann: Hier kommt es tatsächlich mal auf die Umstände an: Wenn ich online zehn T-Shirts bestelle, von denen ich nachher acht zurückschicke, ist das klimaschädlich – denn vor allem Retouren sind ein großes Problem. Weiß ich ganz genau, welches Produkt ich in welcher Größe brauche und lasse es im Idealfall noch klimaneutral liefern: Dann kann das besser sein, als extra für dieses eine Teil mit dem Auto in die Stadt zu fahren. Kann ich allerdings mit einer Shoppingtour in der Innenstadt den ganzen Einkauf für den Winter erledigen und würde dafür fünf Online-Bestellungen benötigen, dann wäre die Autofahrt schon okay.

Digitale Nachhaltigkeit ist inzwischen ein riesiges Thema, vor allem das Versenden großer Datenpakete verbraucht viel Energie

Medicom: Wie nutzt man das Internet möglichst ressourcensparend?

Allmann: Digitale Nachhaltigkeit ist inzwischen ein riesiges Thema, vor allem das Versenden großer Datenpakete verbraucht viel Energie – deshalb gilt Streaming auch als CO2-Schleuder. Also weniger Videos schauen und verschicken, das hilft schon mal. Ansonsten: Besser WLAN statt mobiler Daten verwenden und Suchmaschinen nicht so oft anschmeißen, denn jede einzelne Anfrage verbraucht Energie. Oft wissen wir ja selbst schon genau, welches Ziel wir im Internet ansteuern, sind aber zu faul, die komplette Adresse einzutippen. Wir können und wollen auf all diese Dinge natürlich nie mehr verzichten. Aber auch hier hilft es wieder, sich die Hintergründe bewusst zu machen, um dem Planeten durch kleine Änderungen eine etwas bessere Zukunft zu bescheren.

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